Mittwoch, 10. Februar 2016

Willkommen bei "Engagement für naturnahen Gartenbau"

Der Zweck dieses Blogs ist - wie der Name sagt - ein Votum für naturnahen Gartenbau und für ressourchenschonendes Gärtnern. Die Freude am Garten kann eine willkommene Abwechslung zum hektischen Berufsalltag bieten. Wer einen Garten besitzt, wird den Wunsch nach dessen wohltuender Wirkung haben.  Gärten stellen in der dichten Siedlungslandschaft kleine Rückzugsgebiete und damit eine wertvolle Ressouce dar. Sie sind Orte der Ruhe, möglicherweise Lebensraum für selten gewordene Tiere und Pflanzen. Die gute Energie eines Gartens kann sich auf die Besucher des Gartens und auf die Umgebung übertragen. In einem schönen Garten lässt sich die Krativität und die schöpferische Formen- und Farbenvielfalt der Natur erleben, aus der schliesslich auch der Mensch entstanden ist. Gärten entwickeln sich ohne unser Zutun zu einer Art Natur zurück, die in vielen Fällen nicht wünschenswert ist. Die Kunst des ressourcenschonenden Gärtnerns ist es, die natürlichen Prozesse im Garten in eine gewünschte Richtung zu steuern, ohne dass dauernd korrigierend eingegriffen und gegen irgendetwas angekämpft werden muss. Das zu erreichende Ziel sollte nicht zu eng gesteckt sein. Schon eher ist eine gewisse Toleranz gegenüber Abweichungen gefragt. Beim naturnahen Gärtnern ist  die Fähigkeit, sich von fixen Vorstellungen lösen zu können, ein klarer Vorteil. Der neue Gartenplan richet sich nun nicht mehr nur danach, was technisch machbar und bezahlbar ist, sondern vor allem danach, welche Voraussetzungen für die Anlage und die spätere Entwicklung des Gartens und der darin gedeihenden Pflanzen in die eine oder andere Richtung vorliegen. Zu lernen, mit den vorhandenen Ressourcen schonend umzugehen, wird früher oder später zur überlebenswichtigen Aufgabe der ganzen Menschheit. Wohl denen, die sich schon rechtzeitig und bei kleineren Dingen danit befasst haben. Dieser Blog soll Anregungen und Beispiele dazu liefern, wie im Garten mit wenig Aufwand von Geld, Material und Arbeit schöne Ergebnisse erzielt werden können. Empfohlen zur Nachahmung, zur kritischen Prüfung und zur Kommentierung durch Sie, liebe Leserinnen und liebe Leser.

Andreas Kuster  


Samstag, 1. September 2012

Der Gemeine Hohlzahn – Wegbereiter für artenreiche Blumenfluren

Wer  schon versucht hat, einen Rasen oder eine normale Wiese in eine Blumenwiese oder in eine Blumenflur zu verwandeln, hat erlebt, wie schwierig das ist bzw. wie viele Jahre Geduld es braucht, bis die alles dominierenden Gräser den Wiesenblumen und Kräutern Platz machen. Viele werden bei ausbleibendem Erfolg vorzeitig abbrechen und die Wiese wieder regelmässig mähen. Doch halt! Es gibt in der Pflanzenwelt Spezialisten, welche sich auch gegen zähe Grasdecken durchsetzen. Dazu gehört der Klappertopf. Wer Klappertopfsamen in eine Wiese streut und sie im darauffolgenden Jahr nicht mäht, kann sich Ende Mai bereits  an den blassen gelben Klappertopfblüten erfreuen. Nach der Samenreife im Juli verdorren die Pflanzen, so dass für den Rest des Sommers und bis zum nächsten Frühjahr wiederum das Gras die Wiese beherrscht – falls nicht der Gemeine Hohlzahn (Galeopsis tetrahit) jetzt an die Stelle des Klappertopfs tritt. Der Gemeine Hohlzahn bleibt bis im Juli im Gras relativ unauffällig und klein, bis die Pflanzen im August plötzlich in die Höhe schiessen, sich breit verzweigen und eine regelrechte Blumendecke über die Graslandschaft legen. Die ährigen Blütenstände blühen Quirl um Quirl mit violetten bis weissen Blüten über mehrere Wochen ab. Die Samen werden gerne von Finken aus den stachligen Kelchen gefressen, weshalb eine grössere Hohlzahn-Flur ganze Vogelschwärme anziehen kann. Auch Nektar sammelnde Wildbienen und Schmetterlinge besuchen die Blüten fleissig. Im Schatten der Hohlzahn-Flur wird das Gras lückig und der Boden locker. Damit verbessern sich rasch die Lebensbedingungen für andere Blumen, beispielsweise für Taubnesseln, Glockenblumen, Malven oder Akelei, aber auch für eingepflanzte Pfingstrosen oder Lenzrosen. Wo der Gemeine Hohlzahn störend überwiegt, können die Pflanzen problemlos mit der ganzen  Wurzel aus dem Boden gezogen werden. Doch auch ohne Eingreifen stellt sich mit den Jahren von selbst eine grössere Artenvielfalt ein. Der Gemeine Hohlzahn ist eine überaus nützliche, hübsche und absolut kostenlos zur Verfügung stehende Wegbereiterin bei der Umwandlung von Einheitsgrün in blühende Wiesen.  Zur Ansiedelung einfach die an einem anderen Fundort in der Natur gesammelten Hohlzahn-Samen ausstreuen oder warten, bis die Besiedelung spontan erfolgt. Die einzige Voraussetzung für das Gelingen ist, dass die Pflanzen ab Mitte Mai einigermassen ungestört aufwachsen und sich danach versamen können.



Der Honigklee – ein goldener Vorhang um den Sitzplatz

Schöne Blumen müssen nicht unbedingt difficil oder anspruchsvoll zu pflegen sein. Die Natur hält für findige Gärtner ein Reihe weit verbreiteter "Unkräuter" bereit, die problemlos aus Samen im eigenen Garten angesiedelt werden können und ganz besonderer Anmut und Eleganz sind. Ein Beispiel dafür ist der Honigklee (Melilotus officinalis). Er wird auch Gelber Steinklee oder Echter Steinklee genannt. Meine erste Begegnung mit dieser Art war vor Jahren  am Rande eines verwilderten Gartens, wo mir die hohen, aufrechten, leuchtend gelben, filigranen Blütenstände auffielen. Tage später habe ich an der Stelle eine Handvoll Samen von den Pflanzen geerntet und diese auf dem Kies unseres Sitzplatzes ausgestreut. Im ersten Jahr nach der Aussaat wuchsen nur unauffällige Rosetten, doch im zweiten Jahr dann die grosse Ueberraschung: Mehrere dieser Rosetten wuchsen zu hohen, schlanken Pflanzen und bis im Juni zu gut zwei Meter hohen Blütenständen aus. Sie blühten danach mehrere Wochen lang. Seither versamen sie sich  die Honigkleepflanzen Jahr für Jahr, liefern im Hochsommer eine perfekte Dekoration des Sitzplatzes und hüllen diesen in angenehm lockerer und filigraner Weise ein ohne unsere Sicht nach aussen ganz zu behindern. Wer eine feine Nase hat, kann  bei sonnigem Wetter ihren Duft nach Honig und nach Heu riechen. Der Honigklee ist eine Nektarpflanze, die viele Insekten anzieht, und aus all diesen Gründen ein willkommenes neues Mitglied auf der langen Pflanzenliste unseres Naturgartens. Gut, dass ich damals die Samen hier ausgestreut habe. 

Samstag, 3. September 2011

Die erstaunliche Vielfalt der Wildpflaumen

Der Herbst – und manchmal schon der Sommer – bringt Früchte. Jetzt sind die wilden Pflaumen reif. Es gibt Kirschpflaumen, Blutpflaumen, Mirabellen, Zibarten in allen Farben. Viele davon sind schmackhaft und lassen sich auch zu Konfitüre, Kompott oder Saft verarbeiten. Ich habe vor einigen Jahren in die Hecke am Wegrand eine ganze Reihe kleiner Wildpflaumen-Sämlinge gepflanzt. Danach habe ich die Bäumchen wieder vergessen. Sie wuchsen in Gemeinschaft mit den vielen anderen Gehölzen in der Hecke auf und fielen mir erst wieder auf, als sie eines Tages blühten und im Sommer danach die ersten glänzenden, kugeligen Früchte trugen. Weil es sich bei diesen Bäumchen um Sämlinge (aus einem Pflaumenstein gewachsene Pflanzen) handelt, sind sie untereinander völlig unterschiedlich in Bezug auf ihre Form, ihre Blätter und Früchte. Es gibt hellrote, dunkelrote, graue, grüne und gelbe Früchte. Einige davon sind schmackhaft, andere weniger. Ich war einst in Rumänien und habe dort eine grosse Vielfalt verschiedener Pflaumen- und Zwetschgenbäumen angetroffen. Die rumänischen Bauern legen die Früchte ins Fass und brennen Schnaps damit. Was auch immer man damit macht, Mus, Saft oder Schnaps, oder ob man sie einfach den Vögeln lässt, nützlich sind die wilden Pflaumen auf jeden Fall. Wer in seinem Garten Platz hat für einen wilden Pflaumenbaum, sollte am besten gleich einen pflanzen. Wilde Pflaumenbäume sind sehr robust und wüchsig – an sonnigen und schattigen Standorten.

Mittwoch, 17. August 2011

Viele Grüsse aus Oregano

In meinem Garten blüht ein Meer von Oregano. Er heisst auch Wilder Majoran: Gewürz, Heilpflanze und Teepflanze in einem. Die blühende Pracht und der Duft erinnern mich an Ferien im Süden. Ich frage mich: Was wächst eigentlich noch auf unseren Schweizer Wiesen? Was würde wachsen, wenn man eine Wiese einfach in Ruhe lassen würde?  Vor einigen Jahren habe ich von einem Stück Wiese in unserem Garten die Grasnarbe und die obere nährstoffreiche Bodenschicht abgetragen. Die neue braune Fläche wurde zum „Naturschutzgebiet“ deklariert, welches fortan sich selbst überlassen werden soll. Bald hatte sich die nackte Erde wieder begrünt. Hohe Gräser und Klee wuchsen in die Höhe, legten sich bei den ersten Sommergewittern nieder und machten danach bis zum Herbst keinen wirklich gepflegten Eindruck. Ich blieb stark, hielt meinen inneren Saubermann zurück und verzichtete auf den erlösenden Durchgang mit dem Rasenmäher. Was sich dann in den folgenden Jahren auf dem Flecken abspielte, gleicht einem spannenden Theaterstück. Das anfangs noch dominante Gras hatte immer mehr gegen die sich ausbreitenden Blumen zu kämpfen. Es waren immer wieder andere Blumen, welche die Bühne beherrschten. Schotenklee, dann Klappertopf und viele andere. Schliesslich siedelten sich einige Oregano-Pflanzen an. Dass Samen von einem nahe gelegenen Kräuterbeet dorthin gelangen konnten, lässt sich nachvollziehen. Die erfolgreiche Verbreitung des Oreganos über die ganze Fläche und über weite Teile unseres Gartens war aber eine grosse Ueberraschung. Heute ragen die schönen lilafarbenen (und selten auch weissen) Oregano-Blüten auch aus Heckenrändern und Böschungen. Sie ziehen eine fast unglaublich grosse Schar von Wildbienen an. Ich wundere mich, wo so viele Wildbienen plötzlich herkommen, und wo sie waren, als das Oregano-Feld noch nicht da war. Am Beispiel meiner Oregano-Flur sieht man: Wiesen, Wegränder und Gehölzränder müssen nicht unbedingt eintönig grün sein. Böschungen und Parkplatzränder müssen nicht mit Einheits-Bodendecker bepflanzt sein. Die Natur hat spannendere und farbenfrohere Lösungen parat. Natürliche Blumenfluren brauchen Zeit, sich zu entwickeln. Wer sie erleben möchte, muss ihnen (und sich selber) diese Zeit gönnen und gelassen abwarten können, was passiert, so wie in den Ferien, um dann einmal zu schreiben: „Viele Grüsse aus Oregano!“


Montag, 8. August 2011

Der Vogelbeerbaum, ein prächtiger Einheimischer

Sind Vogelbeeren giftig? Sind sie Medizin? Beides, je nach Menge? Nur für Menschen giftig, aber nicht für Vögel? Nur giftig, wenn roh genossen? Falls Sie's nicht wissen, fragen Sie weiter. Sie werden allen möglichen Ansichten begegnen, wobei richtig wäre: Absolut ungiftig, sogar recht schmackhaft und sehr gesund. Vogelbeeren gehören zu den Gaben der Natur mit einer starken Heilwirkung gegen allerlei Schwächen, Entzündungen und auch schwere Erkrankungen. Die natürliche Heilkraft der Vogelbeere und die Heilerfolge, welche in früheren Zeiten die Naturheiler (und Hexen?) mit deren Verabreichung erzielten, weckten vermutlich den Neid und die Missgunst des Klerus, sodass die Kirche Vogelbeeren kurzerhand als giftig erklärte. Dieses Urteil wurde meines Wissens nie offiziell widerrufen, der Vogelbeerbaum nicht rehabilitiert. Kein Wunder, ist sein Ruf in weiten Kreisen der Bevölkerung noch heute nicht besser als damals. Höchste Zeit also, diesen Sachverhalt richtig zu stellen. Ich habe vor fünfzehn Jahren auf meinem Grundstück entlang eines Weges mehr als hundert kleine Vogelbeer-Sämlinge eingepflanzt. In der Zwischenzeit sind sie zu stattlichen Bäumchen und zu einer langen Vogelbeerbaum-Allee herangewachsen. Normalerweise werden die Beeren im September reif und verfärben sich dann zu leuchtend rot-orangen Büscheln. Dieses Jahr sind sie als Folge des warmen Frühlings und des kühlen und regenreichen Sommers schon seit Ende Juli reif. Ein farbenfroher Anblick nicht nur für die Wanderer. Auch unter den Vögeln scheint es sich längst herumgepfiffen zu haben, dass der Tisch gedeckt ist. Im späteren Sommer erscheinen stets grössere Schwärme von Drosseln, Amseln und diversen bekannten und weniger Vogelarten. Sie pflücken die Bäume in wenigen Tagen leer und ziehen weiter. Dabei sorgen sie erfolgreich auch für die Verbreitung der Samen. Der Vogelbeerbaum gehört deshalb nicht zu den seltenen Baumarten. Er ist robust, filigran, licht und schlank, ein Schmuckstück für jeden Garten.



Auf die Lebenskraft der Brennnessel!

Naturphänomene können die Sinne beflügeln, besondere Gefühle aufkommen lassen, Erinnerungen wach rufen, beruhigen oder anregen. Welche Muster sind es, die ein bestimmtes Gefühl auslösen oder eine bestimmte Erinnerung wach rufen? Wie ist das bei Ihnen? Ich beispielsweise, liebe üppige Hochstauden-Fluren, wie man sie in Waldlichtungen und an feuchten Böschungen findet, dazu den Geruch von moderndem Holz, den Klang von schwirrenden Insekten und von fliessendem Wasser. Das erinnert mich an die vielen Sommerferien, die ich zur Zeit meiner Kindheit im Albulatal verbracht habe, und an alles, was dazu gehörte: Abenteuer, Erlebnisse, Mutproben, August-Feiern, Dorfmusikanten, Freundschaften und natürlich an die komfortable Lage, mehrere Wochen lang einfach schulfrei zu haben. Zusammengefasst, sind die oben beschriebenen Landschaftselementen für mich mit einem schönen Bündel angenehmer Assoziationen verbunden. Kein Wunder oder vielleicht kein Zufall, dass ich noch heute in meinem Garten denjenigen Bereichen besondere Aufmerksamkeit schenke, die mich an die Landschaft des Albulatals erinnerm. Von einem grossen talförmigen Bereich meines Gartens haben die Brennesseln Besitz genommen. Sie streben im Frühsommer in die Höhe, hüllen alles in üppiges Grün und führen hier die Vorherrschaft der Brennessel ein. Die meisten Leute würden sich vermutlich ab so vielen Brennesseln in ihrem Garten aufregen und besorgt den Kampf gegen sie aufnehmen. So auch ich, früher, bis ich eines Tages beschloss, dem so klar statuierten Lebenswillen der Brennesseln stattzugeben und ihnen freien Lauf zu lassen. Sie leben nun also uneingeschränkt ihre erstaunliche Energie bei mir aus, während ich meine Haltung ihnen gegenüber geändert habe. Anstatt mich von ihnen bedroht oder belästigt zu fühlen, liebe ich es, ihnen zuzuschauen, wie sie ohne jede Pflege besser gedeihen als alles Andere, wie sie den Frühlingsgarten mit den verblühenden Narcissen unter ihrem Blättermeer versinken lassen und ihn ganz nach ihrem Geschmack umgestalten. In den ersten Jahren haben sie sich noch kräftig über die damalige Grasflur ausgebreitet und diese vollständig verdrängt, doch jetzt stelle ich fest, dass sie auch anderen Pflanzenarten wieder einen Platz gönnen. Schon kommen in ihrer Mitte gelb blühende Taubnesseln und prächtige Trichter von Straussenfarn auf. Die Artenvielfalt im Brennnesselland erhöht sich. Mein Beitrag zum Ganzen beschränkt sich darauf, dafür zu sorgen, dass niemand die schönen Brennesseln abhaut, bis ich sie dann in den Sommerferien selber mit der Sense abmähe, nachdem die zahlreichen Raupen des kleinen Fuchses darauf ausgewachsen, verpuppt und zu Schmetterlingen geworden sind.